Ein Tag für die Demokratie
Junge Menschen diskutierten einen Tag lang mit Expertinnen und Experten aus der Justiz über unsere Demokratie. So liefen die „Jungen Verfassungsgespräche“ in Karlsruhe.
Am 10. August 2024 fanden auf dem Karlsruher Marktplatz die „Jungen Verfassungsgespräche“ anlässlich des 75-jährigen Jubiläums des Grundgesetzes statt.
„Der Blick junger Menschen auf das digitale Leben und dass das für sie das reale Leben ist – das nehme ich mit“, sagte Beate Bube ins Mikrofon, während sie drei Jugendlichen in der Karlsruher Nachmittagssonne gegenübersaß. „Das ist eine ganz zentrale Aussage, die ich in meinem Alter und in meinem Arbeitsalltag mitdenken muss.“ Bube ist Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg. Das Gespür für die Perspektive junger Menschen bekam die 59-jährige Juristin bei den diesjährigen „Jungen Verfassungsgesprächen“ in Karlsruhe. Auf dem Marktplatz der südwestdeutschen Stadt, 100 Meter Luftlinie vom Bundesverfassungsgericht entfernt, saßen sie und Generalbundesanwalt Jens Rommel mit drei jungen Menschen auf einem Podium und standen Rede und Antwort.
Beate Bube, Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz Baden-Württemberg, sprach mit Luca, Constantin und Simon unter anderem über digitale Überwachung und das Recht auf Privatsphäre.
Die „Jungen Verfassungsgespräche“ fanden zum zweiten Mal statt. Junge Menschen und Expertinnen und Experten aus der Justiz tauschten sich am 10. August über die Demokratie, die Grundrechte und den deutschen Rechtsstaat aus. Genauso wie ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Justiz hörte auch Bube zu, was ihre jungen – digital affinen – Gesprächspartnerinnen und -partner gerade beschäftigt. „Als Präsidentin des Landesamtes für Verfassungsschutz leite ich die Behörde, die tagtäglich mit Leuten zu tun hat, die Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ablehnen und eine andere Gesellschaftsordnung anstreben“, sagte sie im Vorfeld des Gespräches. „Ganz wichtig für den Schutz unserer Verfassung ist aber gerade der Blick auf das Positive, den Wert, den unsere Verfassung für unser Zusammenleben hat.“ Ein Grund, warum sie sich mit jungen Menschen austauschen wollte.
Gleiche Rechte, andere Sichtweisen
Bubes Gesprächspartnerinnen und -partner – die Jugendlichen Luca, Constantin und Simon – hatten sich auf ihr „Junges Verfassungsgespräch“ in mehreren Treffen vorbereitet. An Rechtswissenschaftlerin Bube stellten sie ihre drängendsten Fragen zu Artikel 10 des Grundgesetzes, dem Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis. In ihrem „Jungen Verfassungsgespräch“ sollte es vor allem um die digitale Kommunikation und deren Verankerung im Grundgesetz, um das Recht auf Privatsphäre – zum Beispiel vor dem Hintergrund möglicher digitaler Überwachung – oder um die Verschlüsselung von Chats gehen.
Unter freiem Himmel, vor Publikum und mit Unterstützung von SWR-Moderator Tobias Zapp besprachen die Teilnehmenden, ob Artikel 10 GG überhaupt noch zeitgemäß ist oder ob das Grundgesetz Privatpersonen ausreichend vor digitaler Überwachung schützt. Und, was unangenehmer wäre: wenn jemand die eigene Wohnung oder das eigene Smartphone durchsucht. Während Verfassungsschützerin Bube ihre Wohnungstür weniger gern öffnen würde als den Screen ihres Smartphones, waren die Jugendlichen anderer Meinung. Für sie sind die Informationen auf ihrem Handy mindestens genauso privat, wichtig und schützenswert wie die Gegenstände in ihrer Wohnung. Auch solche Generationsunterschiede galt es bei den „Jungen Verfassungsgesprächen“ zu erörtern.
„Ich habe heute auch Mut gefasst“
Luca, Constantin, Simon und die Juristin Bube waren nur eine von fünf Gruppen, die sich am 10. August auf der Bühne austauschten. Insgesamt knapp 15 Jugendliche und junge Erwachsene stellten ihre Fragen, unter anderem an Christiane Schmaltz, Richterin am Bundesgerichtshof, oder an die beiden Juristen Clemens und Felix vom funk-Format „Die Juristen“.
Diese Jugendlichen diskutierten über ihre Rechte
Bei den „Jungen Verfassungsgesprächen“ nahmen jugendliche Mitglieder verschiedener Organisationen teil: des Deutschsprachigen Muslimkreises Karlsruhe, des Vereins SIMAMA – STEH AUF, Luca, Constantin und Simon, eine Gruppe dual Studierender von dm-drogerie markt und eine Schulklasse, die den zugehörigen „ZEIT für die Schule“-Wettbewerb gewonnen hatte.
Mehr Hintergrundinfos zu den „Jungen Verfassungsgesprächen“ gibt die Initiatorin Kathrin Schön von der Stiftung Forum Recht, die das Format gemeinsam mit dem Karlsruher Stadtjugendausschuss und der KME – Karlsruhe Marketing und Event GmbH organisiert hat, im Interview.
Max Klausner ist dualer Student bei dm-drogerie markt und hat ebenfalls an den „Jungen Verfassungsgesprächen“ 2024 teilgenommen. Mit Polizeipräsidentin Caren Denner und Thomas Weber, dem Direktor der Justizvollzugsanstalt Bruchsal, sprach er unter anderem darüber, wie man die Verfassung bestmöglich schützen kann. „Ich habe heute auch Mut gefasst“, sagte der junge Mann nach dem 45-minütigen Austausch, „weil zu sehen war, dass es viele andere Jugendliche gibt, die sich mit dem Thema Demokratie auseinandersetzen wollen.“
Student Max Klausner und sein Studienkollege Felix konnten ihre Fragen an Thomas Weber, Direktor der Justizvollzugsanstalt in Bruchsal, und die Karlsruher Polizeipräsidentin Caren Denner stellen. Unterstützt wurden die beiden von Moderator Tobias Zapp und Felix vom funk-Format „Die Juristen“.
Neben den Gesprächen auf der Bühne gab es, ganz im Sinne des Demokratiejahres 2024, ein vielseitiges Rahmenprogramm, das die Besucherinnen und Besucher auf das Thema einstimmte. Bunt gestaltete und interaktive Infotafeln oder ein Grundrechte-Quiz machten die verschiedenen Grundrechte verständlich und erlebbar – für Menschen aller Altersgruppen und mit viel oder wenigen Vorkenntnissen.
Während eines bunten Rahmenprogramms zur Demokratiebildung konnten sich die Zuschauerinnen und Zuschauer die Zeit zwischen den „Jungen Verfassungsgesprächen“ vertreiben.Ein Mehrwert für beide Seiten
Verschiedene Altersgruppen kamen auch auf der Bühne zusammen. „Ich spreche gern mit der jüngeren Generation und finde es toll, wenn diese sich auch für Fragen rund ums Recht interessiert“, sagte Verfassungsschützerin Bube zum Abschluss ihrer Diskussionsrunde mit Blick auf ihre jungen Gegenüber. „Wenn es noch mal die Gelegenheit gibt, komme ich gerne wieder, und wir unterhalten uns weiter!“ Genug Redestoff für eine Fortsetzung scheint also vorhanden zu sein.