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Impostor-Syndrom

Hilfe, mein Leben ein einziger Fake!

Das Impostor-Syndrom ist ein großes Buzzword. Doch was steckt eigentlich dahinter und wann leide ich wirklich daran? Wir sprechen mit einer Expertin.

Heute ist es so weit: Ich fliege auf! Kennt ihr dieses Gefühl, eine Mogelpackung zu sein? Ständig verfolgt euch der Gedanke, dass ihr es eigentlich nicht draufhabt. Meine Freund:innen mögen mich? Meine innere Stimme sagt etwas anderes: „Irgendwann finden sie heraus, dass du in Wahrheit tot-langweilig bist.“ Ich habe diesen unfassbar großartigen Job? Ich höre die innere Stimme erneut: „Bald wird deine Chefin merken, dass du lausige Arbeit ablieferst.“ Egal was es ist, es ist unmöglich den Erwartungen, die andere vermeidlich an einen haben, gerecht zu werden. Wer das kennt, der: die ist in echt kein:e Hochstapler:in – sondern leidet womöglich unter dem Hochstapler- oder auch Impostor-Syndrom: Dem Gefühl, nicht dazuzugehören, etwas nicht verdient zu haben oder nicht gut genug für etwas zu sein. Doch haben wir nicht alle ab und an Selbstzweifel?

Wie viele meiner Glücksträhnen darf ich anzweifeln, bevor es ungesund wird? 

Eine, die sich mit dem Impostor-Syndrom gut auskennt, ist Dr. Michaela Muthig. Sie ist Ärztin, Imposter-Coach und litt früher selbst unter den Symptomen des Imposter-Syndroms. Sie sagt, es gibt klare Grenzen: „Ein Impostor-Syndrom lässt sich immer am Verlauf erkennen. Wenn wir uns in eine neue Situation begeben, ist es normal, dass wir unser Handeln oder unsere Arbeit erst einmal nicht richtig einschätzen können und uns deshalb unsicher fühlen. Doch ein gesunder Mensch lernt aus seinen Erfolgen.“

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Das heißt: Nach drei oder spätestens sechs Monaten festigt sich das Selbstbewusstsein. Ich mache das gut. Ich kann das. Wer das nicht spürt, kämpft bereits mit den ersten Symptomen. Erfolge, wie das Lob der Kolleg:innen werden also ignoriert, die bestandene Probezeit als glücklicher Zufall abgetan und neue verantwortungsvolle Tätigkeiten, die uns übertragen werden, nicht als solche wahrgenommen. „Eindrücke, die uns eigentlich mehr Sicherheit geben sollten und unsere Selbstzweifel in der Regel schwächen, werden beim Impostor- Syndrom nicht wahrgenommen. Meistens werden die Selbstzweifel sogar stärker. Und warum? Wir schieben die Erfolge auf Glück, Zufall oder die perfekte Täuschung – immer mit dem Hintergedanken, gleich aufzufliegen“, erklärt Muthig.

Oft heißt es, dass häufiger Frauen vom Impostor-Syndrom betroffen seien, doch keine Studie bestätigt das. Auch Michaela Muthig kann dem nicht zustimmen. Sie hilft in ihrem Coaching vielen Männern. Stattdessen hinge das das Fake-Gefühl mit etwas zusammen, dass uns alle betrifft, ganz unabhängig des Geschlechts: Den eigenen Erwartungen. „Wir denken immer, dass andere genauso über uns denken, wie wir über uns selbst. Die erwarten genauso viel, wie wir von uns – und das stimmt oft nicht.“ Doch nicht immer sind es Erwartungen, oft sind es auch eigene Befürchtungen. Wir haben Angst Fehler zu machen, uns zu blamieren oder im Studium oder im Job zu versagen. Deshalb steigt unser innerer Druck und unser selbstauferlegtes Verbot, Fehler zu machen.

Unsere Leistungsgesellschafft baut immer mehr Druck auf

Diese immer „Höher, schneller, weiter“-Gesellschaft führt zu viel Stress, setzt uns unter Druck und baut Erwartungen auf. Auch der Gesundheitsreport der Techniker Krankenkasse aus dem Jahr 2023 zeigt, dass sich besonders Studierende heute gestresster fühlen als noch vor ein paar Jahren. Lagen die Umfragewerte der Techniker Krankenkasse im Jahr 2015 noch bei 23 Prozent, kämpfen heute 44 Prozent mit Stress. Ein Wert, der ein Umdenken erfordern sollte.

„Ich hoffe immer, dass es nochmal in eine Gegenrichtung geht“, so Muthig. „Langsamer, bewusster, tiefer. Aber leider ist die aktuelle Grundtendenz: Wachstum, Wachstum, Wachstum.“ Auch der Einfluss von Social Media spielt eine große Rolle. Durch Algorithmen, Filter und die Bearbeitung unserer Bilder neigen wir dazu, nur die besten Seiten unseres Lebens zu präsentieren. Dadurch entsteht eine verzerrte Wahrnehmung der Realität, in der sechsstellige Einkommen und eine makellose Erscheinung als Normalität dargestellt werden. Wenn wir dann mit unserem durchschnittlichen Leben konfrontiert werden, fühlen wir uns schnell minderwertig.

Zeit für den Pause-Button

Es ist ratsam, sich von dem Streben nach dem perfekten Leben sowie von Social Media ab und an zu distanzieren und klare Grenzen zu setzen. „Es ist wahrscheinlich, dass wir aus beruflichen Gründen nicht vollständig auf Social Media verzichten können. Daher plädiere ich nicht dafür, sich komplett davon abzuwenden, sondern vielmehr für einen bewussten Umgang damit. Wir sollten uns stets vor Augen führen, dass das, was wir online sehen, oft wie ein Werbefilm inszeniert ist – bearbeitet, korrigiert und nicht real. Es ist wichtig, sich dieser Tatsache bewusst zu sein und einen reflektierten Umgang mit Social Media zu pflegen“, rät Expertin Muthig. Auch Pausen sind wichtig: Wer sich überfordert von seinem Leben fühlt, sollte lernen auch mal abzuschalten und sich neu zu sortieren. TK Smart Relax von der Techniker Krankenkasse bietet zum Beispiel verschiede Entspannungstechniken für unterschiedliche Situationen und Bedürfnisse – für Morgenmenschen zum Start in den Tag oder nach einem stressigen Tag zum Abschalten am Abend. Von Meditationen über Achtsamkeitsübungen bis hin zur Progressiven Muskelentspannung findet hier jede:r die richtige Methode für die eigenen Bedürfnisse. Die Übungen sind in fünf, zehn oder zwanzig Minuten verfügbar, je nachdem, wie viel Zeit zur Verfügung steht. Damit passen sie perfekt in den stressigen Alltag. Das kann helfen wieder in die eigene Balance zu finden.

Gleichzeitig sollten wir Ziele und Ehrgeiz aber auch nicht verteufeln. Sondern unseren eigenen Weg finden. „Auch ich strebe nach einem guten Lebensstandard und reise gerne. Es ist natürlich, dass wir uns weiterentwickeln und verbessern möchten. Wir sollten uns nur immer wieder fragen, ob das, was wir tun, zu uns passt und ob es stimmig für uns ist, anstatt einfach Trends zu folgen“, sagt Muthig.

Zeit umzudenken: So wird der eigene Kritiker leiser

Wenn es darum geht, Hilfe zu suchen, sollten wir aufmerksam sein, ob wir schon lange mit einem Problem kämpfen und bisherige Versuche zur Verbesserung erfolglos waren. Wenn der Leidensdruck zu groß ist, braucht es professionelle Unterstützung. Es ist auch hilfreich, sich mit Freund:innen oder Kolleg:innen auszutauschen und Feedback einzuholen, um eine realistischere Wahrnehmung zu entwickeln.

Dazu rät auch Frau Muthig: „Das Impostor-Syndrom kann großes Leid verursachen, aber es kann auch dazu führen, dass wir uns stetig verbessern und an uns arbeiten. Es ist wichtig, die Handbremse zu lösen und anzuerkennen, dass unsere Selbstwahrnehmung oft falsch ist. Wenn wir erkennen, wie großartig wir tatsächlich sind, können wir unser volles Potenzial entfalten.“

 

#howitworks?

Klar, wir alle fragen uns manchmal, wie das alles nur funktionieren soll. Deswegen gibt es die Kampagne #howitworks, präsentiert von Die Techniker. Neben einem Content Hub gibt es auch die Thementage – einen Tag lang wird sich intensiv einem Thema gewidmet. Und auch hier wird unsere Expertin Dr. Michaela Muthig das Thema Impostor-Syndrom zusammen mit anderen Expert:innen besprechen. Die Panel-Diskussion könnt ihr euch hier anschauen: In my selfcare era – Wie überwinde ich mein Impostor-Syndrom und negative Gedanken.

 

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