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MODERNISIERUNG DER SUPPLY CHAIN

„Das muss noch schneller werden“

Produktionsanlagen standen still, Lieferketten wurden unterbrochen – die vergangenen Monate im Schatten der Pandemie haben unsere Weltwirtschaft vor eine bis dato noch nie dagewesene Herausforderung gestellt. In puncto Krisenmanagement zeigte sich relativ schnell, dass digitalisierte Unternehmen in der Lage waren, schneller und agiler auf die Veränderungen reagieren zu können. Beste Voraussetzungen also für den Wettbewerb in einer Zukunft, die viele – aus gegebenem Anlass – als „Business Unusual“ bezeichnen?

 
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Die Pandemie hat Supply Chains verändert - und in vielen Fällen flexibilisiert beschleunigt. (Bilder: Verizon)

 

Wir sprachen mit Pantelis Astenburg, Managing Director für die DACH-Region beim Telekommunikations- und Netzwerk-Profi Verizon. Im Interview erklärt der Experte warum eine Modernisierung der Supply Chain in Zukunft unumgänglich sein wird, wie wichtig Schnelligkeit in diesem Bereich ist – und was viele Unternehmen dennoch ausbremst.

Lieber Herr Astenburg, vor allem die letzten Monate haben vielen Unternehmen die Augen geöffnet, wie wertvoll Technologien – etwa vorausschauende Analysen – sein können, wenn sich Wertschöpfungsketten schnell und dynamisch anpassen müssen. Aus Ihrer Erfahrung – war ein Großteil der deutschen Unternehmen diesbezüglich gut vorbereitet?

Pantelis Astenburg: In puncto Vorbereitung sehen wir natürlich Unterschiede zwischen der Großindustrie und dem klassischen Mittelstand. Dennoch denke ich, dass sich in dieser Größenordnung sicher niemand vollständig auf das Szenario der vergangenen Monate vorbereiten konnte. Bevor ein solcher Fall eintritt, ist das Thema für viele Unternehmen zu abstrakt. Natürlich gibt es überall Notfallpläne in der Wertschöpfungskette – doch in dieser Größenordnung, wo ganze Regionen und Unternehmen ausgefallen sind, sicherlich nicht.

Viele Unternehmen haben ihre Produktion stoppen müssen. Wichtig ist es, hier die Komplexität zu beachten – oft sind tausende Lieferanten und Subunternehmer betroffen. Ohne entsprechende Planungstools und Plattformen konnten diese nicht bedient werden. Daraus ergibt sich natürlich auch ein wichtiges Learning für die Zukunft.

Ich denke, was das Thema Industrie 4.0 angeht, sind wir in Deutschland – insbesondere in Großunternehmen – bereits sehr gut aufgestellt. Die vollständige Digitalisierung ist allerdings bis dato in den wenigsten Unternehmen Realität. Im internationalen Vergleich fehlt es hier oftmals an der Infrastruktur.

Apropos Infrastruktur: Einer aktuellen PwC-Studie zufolge, investieren zwar 9 von 10 Industrieunternehmen in sogenannte Smart Factories – doch nur die wenigsten (6 Prozent) geben an, dass diese bereits vollständig digitalisiert sind. Wo denken Sie liegen die Hürden?

Pantelis Astenburg: Das Kernproblem liegt tatsächlich vielerorts in der mangelnden Vernetzung. Zwar generieren in vielen Unternehmen Sensoren bereits unfassbar viele Daten und damit Informationen, doch diese können häufig aufgrund des benötigten, jedoch nicht vorhandenen Netzes nicht in Echtzeit verarbeitet, ausgewertet und genutzt werden. Die Schnittstellen sind dafür nicht ausgelegt – und auch für die vorhandenen Server ist die Speicherung der Daten eine Mammutaufgabe.

Die Maschinen zu vernetzen – etwa durch die Installation von netzwerkfähigen Sensoren – und das benötigte Netzwerk bereitzustellen, ist die erste wichtige Hürde, die es zu nehmen gilt, um das Potenzial der Digitalisierung voll auszuschöpfen. Investitionen müssen getätigt werden. Oft höre ich Aussagen wie „Wir sind ja auch in der Lage, ohne diese Investitionen zu produzieren“. Hier fehlt zum Teil noch das Bewusstsein in Hinblick auf das Optimierungspotenzial und den schließlichen Mehrwert durch entsprechende Investitionen. Wie hoch der ist, wird jedoch schnell klar, wenn wir uns zum Beispiel die Fehlerentdeckung in der Produktion vor Augen führen. Hier ist das Tempo durch die Digitalisierung um ein Vielfaches beschleunigt – das spart immense Kosten.

Veraltete, starre Systeme bereiten vielen Unternehmen Bauchschmerzen – auch wenn wohl die wenigsten damit hausieren gehen. Woran scheitert Ihrer Meinung nach eine Modernisierung der Supply Chain? Welche Rolle spielt hier das Netzwerk?

Pantelis Astenburg: Ein stabiles Netzwerk ist die Basis, denn nur so können die Daten transportiert werden. Dazu kommt natürlich das Thema 5G – öffentlich und privat, das heißt nur für das eigene Unternehmen angelegt. Insbesondere letzteres – ein eigenes Netzwerk, das die sofortige Verarbeitung und Interpretation von Daten sicher ermöglicht – ist für viele spannend, doch zum Teil auch aufgrund veralteter Systeme noch nicht umgesetzt. Bei Verizon in Deutschland ist das Thema Private 5G ein wichtiges Thema, das wir unseren Kunden anbieten.

Auch das Herausnehmen und der Umbau von Verkabelungen zugunsten von 5G und WLAN ist für die technologische Modernisierung zentral. Dazu kommt der Bereich Cloud – wo sollen welche Daten gehostet werden? Wo werden die Daten verarbeitet? Auch Analytics-Software spielt eine wichtige Rolle und eröffnet viele Möglichkeiten. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit dieser Investitionen ist durchaus vorhanden – doch viele stehen noch am Beginn der Umsetzung.

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Welche Technologie(n) haben in Ihren Augen den größten Einfluss auf eine digitale, gut skalierbare Supply Chain?

Pantelis Astenburg: Für die Supply Chain ist natürlich vor allem das Netzwerk entscheidend – wenn die entsprechende Bandbreite vorhanden ist. Denn darauf sitzen sprichwörtlich auch die entsprechenden Software-Technologien, wie etwa Analyse-Software. Letztere liefert Unternehmen eine sofortige Orientierungshilfe, wenn es zum Beispiel um die Auswahl von Lieferanten geht. Lieferketten können dank moderner Technologie heutzutage komplett transparent abgebildet werden – eine wertvolle Chance.

Nehmen Sie zum Beispiel Ledersitze in der Automobilproduktion. Das Leder muss verarbeitet werden, es muss geliefert werden – diese ganze Kette zu verfolgen ist möglich dank analytischer Software und Künstlicher Intelligenz (KI). Durch diese Transparenz können Unternehmen im Krisenfall schnell umschwenken und zum Beispiel alternative Lieferanten aktivieren. Man muss sich immer vor Augen halten, wie kostspielig Produktionsausfälle und lange Lagerungen sind. 5G und andere Drahtlos-Lösungen, die die Daten sofort in die Maschine einspeisen können, werden hier in Zukunft großen Einfluss haben.

 

Corona als ultimativer Disruptor hat uns in eine neue Normalität befördert. Einen Weg zurück wird es vermutlich nicht geben. Was raten Sie Unternehmen, die noch ganz am Anfang ihrer Digital Journey stehen?

Pantelis Astenburg: Zunächst geht es natürlich darum, die Lieferkette vollständig zu analysieren – denn sie ist das Herzstück eines Unternehmens. Prozesse sollten soweit wie möglich digitalisiert und vernetzt werden – von der Beschaffung bis hin zur Logistik. Die Vernetzung von Maschinen und das Aufspielen von intelligenter Software sind in der modernen Produktion unumgänglich, wenn man als Unternehmen wettbewerbsfähig bleiben möchte.

Auch um das Thema Cloud werden wir nicht umhinkommen – entsprechend müssen Unternehmen sich damit beschäftigen. Hier spielen ferner die Themen Flexibilität und „On Demand“-Dienste eine wichtige Rolle. In Krisenzeiten zum Beispiel brauche ich als Unternehmen oft keine eigenen, teuren Serveranlagen – nutze ich hingegen diese Leistungen in Abhängigkeit meines Bedarfs, kann ich natürlich die Kosten viel besser steuern. So kann ich in diesem Bereich einsparen, wenn andere Bereiche, etwa durch erhöhte Frachtkosten, teurer werden. Ich empfehle jedem Unternehmen, sich diese Zusammenhänge ganz detailliert anzusehen.

Zudem gilt es natürlich sicherzustellen, dass die Fernzugriffe funktionieren – egal, wo man ist. Dabei ist auch die Sicherheit ein ganz wichtiges Thema. Bei Verizon in Deutschland betreiben wir für unsere Kunden zum Beispiel sogenannte Security Operation Center, die Sicherheitsbedrohungen ganz genau verfolgen. Schließlich geht es um hochsensible Produktionsdaten.

Gibt es etwas, dass sogar Profis wie Verizon in den vergangenen Monaten dazu gelernt haben?

Pantelis Astenburg: Wir müssen noch schneller werden und unsere Prozesse noch stärker beschleunigen. Unsere Kunden mussten jetzt sehr kurzfristig ihre Mitarbeiter ins Homeoffice schicken – Bandbreiten mussten vielerorts erweitert, anderswo auch reduziert werden. Dieses „schneller werden“ ist eines der wichtigsten Learnings, die ich mitgenommen haben. Wir sind aber natürlich als Technologieunternehmen auch an Regulatorien gebunden. Heute einspielen, morgen freigeben, funktioniert nur bedingt.

Doch auch das angesprochene „On Demand“-Thema gilt es zu beschleunigen – das Tempo ist hier wettbewerbsentscheidend.

Die Corona-Pandemie wirkt sich natürlich auch auf den ohnehin schon vorherrschenden Fachkräftemangel aus. Was raten Sie Unternehmen, die ihre Mitarbeiter digital schulen wollen?

Pantelis Astenburg: So schnell wie möglich anzufangen – und Trainingsmöglichkeiten anzubieten. Mitarbeiter müssen verstehen, was es konkret bedeutet, wenn die Prozesse vernetzt werden, wenn Unternehmensdaten in der Cloud gelagert werden, analytische Plattformen eingeführt werden – welche Vorteile und Arbeitserleichterungen sich daraus ergeben.

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Dabei ist es natürlich das eine, die Technik per se zu verstehen, doch viel wichtiger sind die Auswirkungen. Welche Auswirkungen ergeben sich auf meine Produktion, auf meine Supply Chain und auf meinen Vertrieb? Wer das versteht, kann mit der Technik auch etwas anfangen. Dieses Training muss stattfinden.

Führungskräfte müssen sich die Frage stellen, wo und wieviel sie investieren müssen, um auch Effekte zu haben. Wie bereits gesagt – Autos werden auch jetzt produziert. Doch wo liegt das Optimierungspotenzial? Und wie wird sich das auf die Umsätze auswirken? Hier gilt es, Bewusstsein zu schaffen und Potenziale aufzuzeigen. Fehler in der Produktion etwa können durch moderne Technologien viel schneller erkannt werden – auch das kann im Zweifel hohe Summen sparen.

 

Herzlichen Dank für das Gespräch.

 

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